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Inhaltsverzeichnis

Geschichte der Wüstungen

Antike (bis ~260 n. Chr.)

Während der Römerzeit war die Region Pforzheim und Umgebung relativ dicht besiedelt und es entstanden einige Dörfer (Vicus) und einzelne Gutshöfe (Villa rustica). Doch kaum einer dieser Siedlungen hat sich bis heute erhalten. Lediglich die "civitas" Portus hat sich (kontinuierlich) als heutiges Pforzheim erhalten. Dies liegt auch daran, dass die ab Mitte des 3. Jahrhunderts in Südwestdeutschland herrschenden Alamannen zwar vielleicht die alten Siedlungsstrukturen übernommen hatten, aber nicht in der Lage waren die Gebäude instand zu halten. Auch ist es noch unklar was mit der gallo-römische Bevölkerung nach dem obergermanischen Limesfall passierte. Andererseits gibt es Orte (z.B. Thailfingen), in deren Ortskern römische Siedlungsspuren nachgewiesen sind. Ob hier eine direkte Siedlungskontinuität besteht, lässt sich aber nicht aussagen. Zum anderen bestehen bei Niefern und Dürrmenz aufgrund der untypischen Ortsnamen die Theorie, dass diese Namen keltischen Ursprung sein könnten.

Die aufgegebenen Siedlungen aus dieser Zeit werden in der Wüstungsforschung in der Regel nicht berücksichtigt bzw. dazu gezählt. Beispiele solcher Wüstungen wären der Vicus Senotensis oder die Villa rustica Enzberg.

Alamannen (~260 - 500 n. Chr.)

Ab 259/260 n. Chr. begannen die Alamannen über das heutige Baden-Württemberg zu herrschen. Brandspuren an den Gebäuden um dem Vicus "Mühlacker" deuten auf eine Zerstörung vieler Siedlungsplätze hin. Bissspuren von Tieren an Knochen von Menschen in Portus, die beim Alamannenüberall starben, deuten darauf hin, dass Leichen zeitweise offen herumlagen, bevor diese in einen Brunnen geworfen wurden.[1]

Die Germanen errichteten kleinere Dörfer, deren Behausungen aus größeren hölzernen Langhäusern bestand, worin auch das Vieh untergebracht wurde. Die typische Ortsbenennung dieser Zeit setzt sich aus dem Namen des Ortsvorstehers und der Endung -ingen oder -heim zusammen. Meist wird die Endung -ingen als typische alamannische und die Endung -heim als fränkisch angesehen und basiert darauf, dass die Orte in der schwäbischen Region meist auf -ingen (z.B. Esslingen, Tübingen, Überlingen) und im fränkischen Rheingebiet meist auf -heim (z.B. Germersheim, Mannheim) enden. Diese Theorie wird von einigen Historikern jedoch kritisiert.[2] Wilferdingen zum Beispiel leitet sich wohl von *Wulfhartingun ab, was soviel bedeutet wie "bei den Leuten des Wulfhart". Dabei wurde zunächst nicht der Ort, sondern der Stammesverband bezeichnet. Dies war in der Völkerwanderungszeit meist wichtiger als der Ortsname, da die Wohnsitze öfters gewechselt wurden. Nicht alle Ortsgründungen aus dieser Zeit bestehen heute noch.

Auffallend ist ein -ingen-Schwerpunkt nördlich der Enz. Alemannische Funde sind aber im Enzkreis selten, da diese meist Feuerbestattungen durchführten und nur Holzhäuser bewohnten. Wüstungen auf -ingen sind Thailfingen, Neidlingen, Bohningen, Scholpingen, Ütingen, Remchingen und Wintergeislingen.

Fränkische Landnahmezeit (~500-536)

Um 500 nach Christus siegten die Franken über die Alemannen und annektierten das nördliche Alemannien ungefähr bis Hornisgrinde-Calw-Asperg, damit kam der Enzkreis und Pforzheim unter fränkische Herrschaft. Die fränkische Landnahme erfolgte meist nach militärischen Gesichtspunkten (Straßenkreuzungen, Fluß- oder Gebirgsübergänge). Bei den Franken war die Ortsnamenendung -heim in dieser Epoche in Mode war, könnten die -heim-Orte auf der Platte in diesen Zeitraum gegründet worden sein und entsprechend als Grenzverstärkung gegen das alemannische Gebiet gedient haben. Ebenso lag Lomersheim am wichtigen Flußübergang an einer alten Verkehrsstraße von Nord nach Süd.

Eine Wüstung aus dieser Zeit dürfte Hadandesheim gewesen sein.

Erster Landesausbau (536- ~900)

Ab Mitte des 6. Jahrhunderts begannen die Franken mit der Gründung von Ausbausiedlungen. Hierbei waren die Endungen -ingen und -heim immer noch in Mode, was die Brettener (Brettheimer) Ausbauorte Rinklingen und Diedelsheim verdeutlichen. Generell haben die -heim-Orte aber nun seltener einen Personennamensbezug, sondern eher geographische Eigenschaften als Grundwort (z. B. Horrheim "sumpfiger Ort"). Weitere typische Endungen sind auch -hausen, -weiler, -bach, -bronn und -feld, wobei diese auch noch im Hochmittelalter "beliebt" waren. Des Weiteren gibt es in der Region fränkische Reihengräberfunde, die man nicht direkt einem heutigen Ort zuordnen kann (z.B.Oberhofen (Knittlingen)).

Wüstungsbeispiele sind hierbei Hardheim, Mühlhausen am Brühl und Guckenhausen

Zweiter Landesausbau im Hoch- und Spätmittelalter (11. Jh. - 1500)

Im Frühmittelalter war das Bevölkerungswachstum relativ gering und man verwendete die landwirtschaftliche Urwechselwirtschaft. Dies hieß, dass man die Hälfte der Ackerfelder abwechselnd einige Jahre nutzte und einige Jahre brach liegen ließ. Ab dem 10. Jahrhundert setzte sich allmählich die Dreifelderwirtschaft durch, bei der man rotierend jeweils ein Drittel der Felder mit Sommergetreide und Wintergetreide bewirtschaftete und das letzte Drittel brach lag. Des Weiteren konnte technische Fortschritte (z.B. Beetpflug und häufigere Eisenverwendung). Dadurch konnte die Produktivität gesteigert werden und damit stieg auch die Bevölkerungszahl. In dieser Zeit entstanden neuere kleinere Weiler ("Ausbausiedlungen"), deren Bewohner die Orte aus Rodungsflächen entstehen ließen und deren Ackerflächen meist weniger fruchtbar waren als die ihrer "Muttersiedlung". Im südlichen und westlichen Enzkreis praktizierte man dies in Form von "Waldhufendörfer", indem Huben (Höfe) entlang einer langen Straße errichtet wurden (z.B. Hamberg, Darmsbach, Salmbach). Typische Endungen hierbei sind z.B. -bach, -weiler oder -rot. Einige dieser Orte erhielten keinen besonderen Namen und wurden "nur" Weiler, Weilerle oder Weiher genannt. Zum anderen wurden in dieser Zeit Burgen errichtet an denen man ein Dorf erbauen ließ (enden meist auf -berg). Dafür ließ man wahrscheinlich auch meist die nächstgelegenen Wohnorte absiedeln (z.B. Thailfingen, Ütingen).

Aufgrund der "Bevölkerungsexplosion" stoß die landwirtschaftliche Produktionskapazität an ihre Grenzen und die einfachen Leute begannen kaum noch Fleisch zu konsumieren. Diese monotone Ernährung führte letztlich auch zu einer Schwächung des Immunsystems, weshalb Krankheiten wie die Pest in der Mitte des 14. Jh. zu einem gravierenden Bevölkerungsrückgang bewirkt hatte.[3] Die Einwohnerzahl Westeuropas sank damals von ungefähr 35 auf 20 Millionen.[4] Der Historiker Werner Rösener schätzt, dass in Deutschland in dieser Zeit ungefähr ein Viertel aller Siedlungen aufgegeben wurden.[5] und nach einer Untersuchung von Dr. Dietrich Weber (1927) wurden 63 % aller Wüstungen in Württemberg zwischen dem 13. und dem 15. Jahrhundert aufgegeben.[6] Im Pfenzland könnten hierfür z.B. Neidlingen, Riesch oder Vitzenloch in Frage kommen, da diese ab der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts wüst gefallen zu sein scheinen und vielleicht aufgrund des Bevölkerungmangels nicht mehr wiederbesiedelt wurden.

Frühe Neuzeit (~1500 - ~1700)

Ende des 15. Jh. erreichte die Bevölkerungszahl Westeuropas wieder ihren Stand vor der Pest und konnte sich bis 1600 auf ca. 45 Millionen erhöhen. Trotzdem sank ab etwa 1500 die Zahl der Ortschaften im Enzkreis und es wurden abgesehen von einzelnen Höfen vorerst keine neuen Dörfer gegründet (sogenannte "negative Siedlungsperiode"). Stattdessen wurden die alten Dörfer erweitert und einige Muttersiedlungen nahmen die Bewohner ihrer Ausbausiedlungen wieder auf (z.B. Weiher, Eich). Dies lag wohl auch daran, dass sich die landwirtschaftliche Technik weiter verbesserte und damit die gleiche Ackerfläche in der Lage war mehr Menschen zu ernähren. Einige neugegründete Höfe in der Neuzeit wie Trais (Ersterwähnung 1431), Heimbronn (1702) oder der Hangensteiner Hof (1321) scheinen dem Namen nach der Versuch einer neuen Dorfgründung gewesen zu sein, die aber im Status einer Hofsiedlung stecken geblieben sind.

Im 30-jährigen Krieg sank die Population erneut um ein Drittel. Daraufhin wurden vielerorts die Dörfer in der Region mit Österreichern oder Schweizern wiederbesiedelt.

Späte Neuzeit bis heute (ab ~1700)

Die letzte Welle Dorfgründungen fand mit der Zuwanderung der Waldenser um 1700 statt. Diese durften meist an Gemarkungsgrenzen eigene Siedlungen gründen (z.B. Sengach, Corres) und erhielten teilweise sogar eigene Gemarkungen (z.B. Schönenberg, Kleinvillars. Andere Waldenserorte schlossen sich direkt an bestehende Dörfer an und wurden relativ schnell darin integriert ([Du Queyras]] und Lucerne). Das letzte gegründete Dorf im Enzkreis war 1721 Neubärental. Das letzte nicht-Waldenserdorf war 1713 Pfinzweiler, wobei dieses eine Neubesiedlung einer Wüstung darstellte.

Ab dem 17. Jh. stieg die Bevölkerungszahl weiter an und folgte dann ab dem 19. Jh. in den demographischen Wandel der industriellen Revolution. Im darauffolgenden Jahrhundert begannen dann einige kleinere Weiler ihre eigenständigen Gemarkungen zu verlieren und gingen letztlich vollständig in die größere Nachbarsiedlung auf (z.B. Eckenweiher, Obermönsheim).

Nachweisungen von Wüstungen

urkundliche Belege

Ein relativ sicherer Beleg für eine Wüstung sind alte Urkunden aus dem Mittelalter oder frühen Neuzeit. Ein Nachteil hiervon ist jedoch, dass aus den Urkunden oft nicht die Größe (einzelner Bauernhof oder Stadt) und Lage hervorgehen. Die ältesten Aufzeichnungen beginnen erst im 8. Jahrhundert und handeln von Schenkungen von Gütern in Orten an bestimmte Klöster. Ein Beispiel hierfür ist der Lorscher Codex vom Kloster Lorsch. In diesen Orten werden meist nur beschrieben in welchem Gau (Region) sich der Ort befand, was eine detaillierte Lokalisierung unbekannter Orte erschwert und auch stimmen die Gauzuteilungen nicht immer. Lediglich anhand gemeinsam genannter Orte kann man eine nähere Verortung der Wüstung versuchen. Ein weiteres Problem ist, dass sich die Ortsnamen mit der Zeit verändert haben und die Schreibweise selten stets identisch war. So meint zum Beispiel Alaolvingen, Albingheim oder Alaholfincheim ein und den selben Ort. Dies erschwert eine genaue Zuordnung der genannten Orte und es ist nicht immer erkennbar, von welchem Ort genau die Rede ist. Des Weiteren dürfte es nicht aus jedem Ort, den es damals gab, auch Schenkungen an ein Kloster gegeben haben. Insbesondere kleinere und ärmere oder auch für das Kloster unbedeutendere Dörfer dürften wohl in den Urkunden fehlen. Beispiele für im Frühmittelalter identifizierte Wüstungen: Mühlhausen am Brühl, Mönchshofen und Guckenhausen.

Ab dem Hochmittelalter nehmen die Aufzeichnungen deutlich zu und man hat deutlich mehr Beschreibungen einzelner Orte, welche teilweise eine sehr genaue Lokalisierung erlauben. Diese Urkunden handeln unter anderem von Besitzbestätigungen von Kaiser und Papst, Gerichtsfälle oder Kaufverträge. Die Schreiber kamen im Gegensatz zum Frühmittelalter aus der Umgebung und kannten sich daher besser über die geographischen Gegebenheiten aus und sind deshalb als glaubwürdiger zu betrachten. Aber in dieser Zeit sind auch viele neue Ortschaften, weshalb auch hier nicht von einer lückenlosen Aufzeichnung aller Orte zu rechnen ist. Bei kleineren Siedlungen und Wüstungen treten auch hier oft die oben genannten Probleme auf Des Weiteren ermöglicht die teilweise Nennung von Flure eine bessere Ortung, andererseits fällt es aber auch manchmal schwer zu unterscheiden ob der Ort schon abgegangen ist oder nicht.

Flurnamen

Ein weiteres wichtiges Element auf der Suche nach abgegangenen Ortschaften bilden die lokalen topographischen Bezeichnungen. Viele Namen der Wüstungen erhielten sich über die Jahre in Flur-, Gewässer- oder Wegesnamen. Ein vorzeigbarer Fall ist hier Hartheim, wo z.B. ein Hartheimer Schlösschen, Hartheimer Teich, Hartheimer Bach, Hartheimer Weg oder Hartheimer Kopf heute noch existieren. Allerdings kommt es auch oft vor, dass Flurnamen auf einen ehemaligen Wohnplatz hindeuten ohne gleich direkt den Siedlungsnamen zu verraten (wie z.B. "Kirchacker", "Maueracker"). Hierbei ist desöfteren keine Sicherheit gegeben, da diese Namen auch anderweitig interpretiert werden können. Ein Klosteracker könnte sowohl Platz eines alten Klosters gewesen sein als auch nur Ackerland, das einem Kloster gehört hatte. Aber es kann auch sein, dass das den Leute bewusst war, dass es an einer Stelle ein Gebäude stand, sie allerdings weder Namen noch mehr Funktion kannten. Hier sei die Villa rustica genannt, die im Volksmund altes Schloss genannt wurde.

Eine weitere Quelle für Flurnamen sind die alten Beraine ab dem Spätmittelalter, worin für die einzelnen Gemeinden beschrieben wurde welche Ackerflächen für die Dreifelderwirtschaft wie genutzt wird.

Auswahl wüstungsverdächtiger Flurnamen:

-hof(en): -hofen oder Hofacker deuten sehr auf ehemalige Gebäude hin. Es kann sich hierbei sowohl, um einen einzelnen Bauernhof, aber auch um einen Weiler gehandelt haben. In den seltesten Fällen auch um größere Dörfer. Die genauen Namen müssen jedoch nicht die tatsächlichen ursprünglichen Namen sein. So kann z.B. die Flur "Altenhofen" bei Knittlingen auch nur die Bedeutung "bei den ehemaligen Höfen" haben und die Flur "Oberhofen" im Gegensatz dazu "bei den höheren gelegenen ehemaligen Höfen".

Volkssage

Ein weiteres, aber fragwürdiges, Instrument der Wüstungsermittlung ist die Volkslegende. In einigen Ortschaften haben sich Legenden darüber erhalten, dass irgendwo einst eine Siedlung gestanden haben soll. In der Regel steckt in solchen Erzählungen ein wahrer Kern, weshalb man diese nicht einfach igorieren sollte. Trotzdem ist anzunehmen, dass die Berichte über den alten Ort mit der Zeit verändert oder gar übertrieben wurden. Im Enzkreis existiert auch nur ein Fall, bei dem gar ein Ortsname überliefert wurde (Rothsalmbach bei Ölbronn).

Archäologie

Wichtig für eine Untermauerung von den bisherigen Quellen sind archäologische Funde. Aus der Römerzeit oder dem späteren Mittelalter blieben häufig Mauerreste alter Gebäude übrig, welche im Gelände vergraben sind. Während des Frühmittelalters wurden die Häuser jedoch hauptsächlich aus Holz gebaut, weshalb man aus dieser Zeit meist nur alte Friedhöfe ausgraben kann, was auf einen ehemaligen Siedlungsort in der Nähe hinweist. Natürlich sind auch andere Gegenstände wie Ziegel, Tonscherben oder Münzen wichtige Bestandteile in der Archäologie. Der Nachteil ist hierbei natürlich, dass nur selten dieser Forschungsbereich den Namen der entdeckten Ortschaft nennen kann (Ausnahmen:Portus für Pforzheim, Vicus Senotensis).

Verödungsursachen

Es wird in der Literatur zwischen "Zerstörungswüstungen" und "Auflasswüstungen" unterschieden.[7] Erstere wurden gegen den Willen der Bewohner zerstört (Krieg, Naturgewalten, Pest Überschwemmung, ...), während letztere von den Bewohnern aktiv aus irgendwelchen Gründen verlassen wurden. Gründe für das "Auflassen" können z.B. sein, dass man anderswo bessere Erträge erzielen kann, es an Wasser mangelt oder die Ortslage militärisch ungünstig liegt.

"Kriegstheorie"

Die verbreitete Vorstellung, dass Kriege für viele Wüstungen verantwortlich sei, ist für Deutschland längst widerlegt. Nach Weber (1927) können nur 2,5 % der württembergischen Verödungen eindeutig auf Kriege zurückgeführt werden. Zwar führte u. a. der Dreißig-Jährige Krieg zu einer starken Dezimierung der Bevölkerung und einer zeitweilen (fast) völligen Verödungen einzelner Ortschaften im Pfenzland, trotzdem lässt sich keine der Wüstungen auf diese Zeit zurückführen. Dies lag vorallem daran, dass die Grundherren die Orte gezielt von Bewohnern aus Österreich und der Schweiz wiederbesiedeln ließen. Solange also der Boden potentiell ertragreich bleibt und sich von andererorts neue Siedler anlocken lassen, stellen Kriege für gewöhnlich keinen zwingenden Verödungsgrund dar. Kriege können aber Anlass sein, um langsam eingehende Dörfer endgültig aufzugeben wie es z. B. im Falle Niederhofens und dem Pfälzisch-Bayerischen Erbfolgekrieg gewesen sein könnte. Angesichts dieser Argumente bedarf es einer weiteren Begründung der Theorie, warum die Wüstung nicht wiederbesiedelt wurde.

"Fehlsiedlungstheorie"

Gemäß der "Fehlsiedlungstheorie" nach M. Krebs [8] war gegen Ende des Mittelalters kaum noch landwirtschaftlich geeigneter Boden vorhanden. Der Bevölkerungsüberschuss führte zu einer Besiedlung auf schlechtem Waldboden oder überschwemmungsgefährdeten Auenniederungen. Damit wurden Ortschaften gegründet, die nicht langfristig in der Lage waren zu bestehen. Auch eine Kombination dieser Theorie mit Kriegen oder Epedemien ist zu berücksichtigen: starke Bevölkerungsrückgänge dürften zu einer "Rücksiedlung" in die Mutterorte geführt haben, wo die Boden fruchtbarer sind.

Klöster, Burgsiedlungen, Städte

Desweiteren kann auch der Wille eines Dritten als Verödungsursache in Frage kommen. So konnten Klöster beim sogenannten "Bauernlegen" durch ihre Grundherrschaft Ortschaften umsiedeln lassen, um dort einen Wirtschaftshof zu gründen (siehe Elfingen) oder andererseits konnten auch Grundherren bei der Gründung von Markt- oder Burgsiedlungen Menschen in ihre neuen Dörfer locken (vgl. Ütingen) und dadurch alte Dörfer veröden lassen. Man kann hierbei auch von der Theorie der "Siedlungsverlegung" sprechen.

Grenzlage

Auffallend ist, dass viele Wüstungen im Pfenzland an der Grenze zwischen Baden und Würrtemberg liegen. Daher wird oft argumentiert, dass im Spätmittelalter mit dem Aufstieg von flächenmäßig-geschlossenen Regionalmächten neue Grenzen entstanden sind, an denen nun Zölle erhoben wurden. Randsiedlungen waren nun im Nachteil, da sie Güter nur noch diesseits der Grenze kostengünstig verkaufen und kaufen konnten. Dies führte zu einer schlechteren Einkommenslage und damit zu einem Abwanderungsanreiz ins Landesinnere. Desweiteren könnte eine Entvölkerung der Randsiedlungen auch im Interesse der Grundherren gewesen sein.

"Synoikismus"-Theorie

Anhänger der Synoikismus-Theorie sehen die meisten Wüstwerdungen als Ergebnis der Zusammenlegung mehrerer Ortschaften.[9] Hierbei wird das Wachsen der alten Orte nach Ende des Wüstungwerdungsperiode ab dem 16. Jahrhundert betont.

Wüstungen und aufgegangene Orte im Pfenzland

Gemeinde Birkenfeld

Name heutige Gemarkung Siedlungsart Ersterwähnung Vermuteter Abgang Kommentar
Obernhausen Gräfenhausen Weiler um 1350 aufgegangen aufgegangen in Gräfenhausen
Gumpoltsschüren Gräfenhausen Hofsiedlung (1474)  ?

Gemeinde Eisingen

Name heutige Gemarkung Siedlungsart Ersterwähnung Vermuteter Abgang Kommentar
Huchenfeld Eisingen Weiler nur als Flurnamen vor der frühen Neuzeit wohl Ausbausiedlung

Gemeinde Kämpfelbach

Name heutige Gemarkung Siedlungsart Ersterwähnung Vermuteter Abgang Kommentar
Bohningen Ersingen Weiler/Dorf Flurname spätes 15. Jh.

Gemeinde Keltern

Name heutige Gemarkung Siedlungsart Ersterwähnung Vermuteter Abgang Kommentar
Delebrunnen Dietenhausen  ? 1213  ? Herrenalber Besitz

Gemeinde Kieselbronn

Name heutige Gemarkung Siedlungsart Ersterwähnung Vermuteter Abgang Kommentar
Höfle Kieselbronn Gehöft 1556  ?

Stadt Knittlingen

Name heutige Gemarkung Siedlungsart Ersterwähnung Vermuteter Abgang Kommentar
Oberhofen Knittlingen Weiler, Dorf archäolog. Funde 8. Jh.
Weisach Knittlingen Klosterhof 1245  ?

Stadt Maulbronn

Name heutige Gemarkung Siedlungsart Ersterwähnung Vermuteter Abgang Kommentar
Billensbacher Hof Maulbronn Klosterhof 1245 Ende 18./Anfang 19. Jh.
Elfingen Maulbronn Dorf 785 1159 Nachfolgesiedlung: Elfinger Hof
Salzachhof Maulbronn Klosterhof 1245 Ende 18./Anfang 19. Jh.

Gemeinde Mönsheim

Name heutige Gemarkung Siedlungsart Ersterwähnung Vermuteter Abgang Kommentar
Friedrichshof Mönsheim Gehöft 1717 Mitte 18. Jh.
Obermönsheim Mönsheim Schloss und Hof 1291 aufgegangen eigene Gemarkung bis 1935

Stadt Mühlacker

Name heutige Gemarkung Siedlungsart Ersterwähnung Vermuteter Abgang Kommentar
Untermberg Dürrmenz Weiler 16. Jh. aufgegangen
Du Queyras Dürrmenz Weiler 1699 aufgegangen Waldenserort
Eckenweiher Dürrmenz Weiler 883 aufgegangen 1832 nach Dürrmenz eingemeindet
Niederhofen Lomersheim Weiler, Dorf Frühes 15. Jh. 1504

Gemeinde Neuhausen

Name heutige Gemarkung Siedlungsart Ersterwähnung Vermuteter Abgang Kommentar
Seltenbach Neuhausen, Hamberg ? Weiler 12. Jh.  ? evt. auch bei Hausen/Würm
Bonlanden Neuhausen, Steinegg Hof 1310 Pest?

Gemeinde Neulingen

Name heutige Gemarkung Siedlungsart Ersterwähnung Vermuteter Abgang Kommentar
Malschhausen Göbrichen Weiler Flurname  ?
Neidlingen Göbrichen Dorf 13. Jh. 14. Jh.
Weiher Nußbaum Weiler 1412 Frühes 16. Jh.

Gemeinde Niefern-Öschelbronn

Name heutige Gemarkung Siedlungsart Ersterwähnung Vermuteter Abgang Kommentar
Hardheim Öschelbronn Dorf 1130 14. Jh.

Gemeinde Ölbronn-Dürrn

Name heutige Gemarkung Siedlungsart Ersterwähnung Vermuteter Abgang Kommentar
Hadandesheim Dürrn Dorf 785 927
Mühlhausen am Brühl Ölbronn Dorf 790 926
Rothsalmbach Ölbronn Weiler? Volkssage Frühmittelalter
Scholpingen Dürrn Dorf Flurname Früh- oder Hochmittelalter
Thailfingen Dürrn Dorf 883 12.-14. Jh.


Gemeinde Ötisheim

Name heutige Gemarkung Siedlungsart Ersterwähnung Vermuteter Abgang Kommentar
Brinklingen Ötisheim  ? Flurname  ?
Kolbenhausen Ötisheim  ? Flurname  ?


Stadt Pforzheim

Name heutige Gemarkung Siedlungsart Ersterwähnung Vermuteter Abgang Kommentar
Arlingen Brötzingen Dorf Flurname 14. Jh. ?
Falkengarten Dillstein Hof, Weiler 1444  ?
Igelsbach Eutingen, Kieselbronn Hof, Weiler 1352 14./15. Jh.
Riesch Eutingen, Niefern Weiler 1279 14. Jh.
Rod Weißenstein Weiler 1254 15./16. Jh.
Wilflingen Pforzheim  ? Flurname  ? nur wenige Hinweise

Gemeinde Remchingen

Name heutige Gemarkung Siedlungsart Ersterwähnung Vermuteter Abgang Kommentar
Eich  ? Weiler 1477 Anfang 16. Jh. vielleicht identisch mit Bohningen
Mönchshofen Wilferdingen Weiler 779  ?
Remchingen Wilferdingen (Burg)weiler, Dorf 1256 18. Jh.
Vitzenloch Mutschelbach, Nöttingen Weiler 1295 14. Jh.

Gemeinde Straubenhardt

Name heutige Gemarkung Siedlungsart Ersterwähnung Vermuteter Abgang Kommentar
Rudmersbach Ottenhausen Weiler 1262 aufgegangen
Wolmersbur Ittersbach, Ottenhausen Weiler, Dorf 1232 15. Jh.

Stadt Vaihingen an der Enz

Name heutige Gemarkung Siedlungsart Ersterwähnung Vermuteter Abgang Kommentar
Guckenhausen Horrheim Weiler, Dorf 891  ?
Leinfelden Enzweihingen Weiler, Dorf 801 1710 (Gemarkungsauflösung) Domäne, heute noch Leinfelder Hof
Pulverdingen Enzweihingen Weiler, Dorf 1147 zur Domäne degradiert heute noch Pulverdinger Hof
Weiler Aurich Weiler Flurname
Wintergeislingen Riet Weiler, Dorf 869  ?

Gemeinde Wiernsheim

Name heutige Gemarkung Siedlungsart Ersterwähnung Vermuteter Abgang Kommentar
Henkelberg [[Wiernsheim Hof/Weiler ? 1194  ?

Gemeinde Wimsheim

Name heutige Gemarkung Siedlungsart Ersterwähnung Vermuteter Abgang Kommentar
Ütingen Wimsheim, Mönsheim Weiler/Dorf 1379 13./14. Jh. Bei Ersterwähnung wohl schon wüst


Gemeinde Wurmberg

Name heutige Gemarkung Siedlungsart Ersterwähnung Vermuteter Abgang Kommentar
Lucerne Wurmberg Weiler 1699 1808 aufgegangen Waldenserort
Birkhof Wurmberg Hof Flurname
BirkenfeldEisingenEngelsbrandFriolzheimHeimsheimIllingenIspringenKieselbronnKnittlingenKnittlingenKnittlingenKnittlingenMaulbronnMönsheimMühlackerNeuenbürgNeuhausenNiefern-ÖschelbronnÖtisheimSternenfelsTiefenbronnWiernsheimWimsheimWurmbergWurmbergKelternRemchingenStraubenhardtNeulingenKämpfelbachÖlbronn-DürrnÖlbronn-DürrnÖlbronn-DürrnKönigsbach-SteinEnzkreis.jpg
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Einzelnachweise

  1. Jean-Claude Hugonot (1995): Merowingerfunde in Mühlacker, in:Der Enzkreis - Jahrbuch 6, S.33f
  2. vgl. A: Bachs Theorie der Dppelnamigkeit in: A. Bach (1954): Deutsche Namenskunde. Die deutschen Ortsnamen
  3. Christoph Buchheim:Einführung in die Wirtschaftsgeschichte. München 1997. S. 69/70
  4. C.Russel: Die Bevölkerung Europas 500-1500. in: Carlo M. Cinolla/Knut Borchardt (Hrg): Europäische Wirtschaftsgeschichte. Stuttgart.
  5. Werner Rösener: Bauern im Mittelalter. München 1986, S.255
  6. Dr. Dietrich Weber (1927): Die Wüstungen in Württemberg, S.199
  7. D. Weber (1927), S.202
  8. M. Krebs (1923): Landeskunde von Deutschland, Süddeutschland
  9. Jäger, Helmt (1979): Wüstungsforschung in geographischer und historischer Sicht. In: Herbet Junkuhn und Reinhard Wenzkus (hrsgg.), Geschichtswissenschaft und archäologie, S.198
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